Sonnenberg und Chemnitz 2025. Teil 2: Stadtmachen beim Kreativhof Stadtwirtschaft

Grit Stillger (Chemnitz) im Gespräch mit Annette Menting (Leipzig)

 

Annette Menting: Als Abteilungsleiterin Stadterneuerung des Stadtplanungsamtes Chemnitz kennen Sie dieses Haus, in dem wir unseren Rundgang durch die Stadtwirtschaft beginnen. Seit wann wird es Akteur:innen der Kultur- und Kreativwirtschaft zur Verfügung gestellt?

Grit Stillger: Dieses Haus D ist der erste Abschnitt der neuen Stadtwirtschaft und wurde bereits 2019 bezogen. Hauptmieter ist der Branchenverband Kreatives Chemnitz e. V., mit dem wir als Vertretung der Stadtverwaltung den Mietvertrag abgeschlossen haben. Er wiederum schließt Mietverträge mit den verschiedenen Einzelnutzern.

 

HAUS D – SEINE MIETER UND NUTZER:INNEN
Kreatives Chemnitz e. V. begleitet im Auftrag der Stadt die Entwicklung der Stadtwirtschaft und koordiniert für das Haus D die Raumvergabe über ein Bewerbungsverfahren. „Kreatives Chemnitz – der Branchenverband der Kultur- und Kreativwirtschaft Chemnitz und Umgebung e. V. wurde 2013 gegründet, um die Akzeptanz und die Wahrnehmung von Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zu fördern.“ [Landesverband, Kreatives Chemnitz, Wer wir sind] Der Verband wurde 2016 von der Stadt Chemnitz im Rahmen des EFRE-Programms mit dem Stadtteilmanagement Wirtschaft und Kreativwirtschaft beauftragt, um Gewerbeflächenmanagement, Vernetzung von Veranstaltungen und Beratung zu übernehmen. Zunächst war Robert Verch dafür verantwortlich, 2019 folgte Rocco Zühlke, der sich um Betrieb und Vergabe der Flächen in Haus D kümmert [vgl. Gulde]. Im Haus D befinden sich verschiedene Nutzer:innen, deren Projekte soziokulturellen oder künstlerischen Quartierbezug haben und teilweise über EU-Fördermittel unterstützt werden: Urania Puppentheater, Illustrationsstudio Stephanie Brittnacher, Grafikstudio Kati Hollstein, Schreib- und Druckwerkstatt und ASA-FF e. V. [vgl. Kreatives Chemnitz, Stadtwirtschaft].

 

Abb. 1: Blick von der Jakobstraße auf Haus D der Stadtwirtschaft,
Zustand 2022. © theaterraum. Menting

 

Während des Rundgangs im Haus D treffen wir auf Erne Schell vom ASA-FF e. V.

Stillger: Möchten Sie uns das Projekt Gründungsgarage des ASA-FF e. V. kurz darstellen?

Erne Schell: Der ASA-FF e.V. verfolgt drei große Projekte: Offener Prozess, neue unentd_ckte narrative und das jüngste Projekt, das noch in den Kinderschuhen steckt, die Gründungsgarage. Wir möchten eine Plattform schaffen für soziales Unternehmertum, gesellschaftliche Diskurse, kreative Impulse. Es geht darum, jungen Macher:innen den Weg in die Selbständigkeit zu vereinfachen und ein Angebot zu schaffen, das niederschwellig ist, nicht akademisiert, für jeden Geldbeutel zu haben. Unser Fokus ist das Stipendienprogramm, wo wir von der Idee bis zur Umsetzung beraten, begleiten und als Lotsendienst im Gründungsdschungel unterstützen. Wir begleiten verschiedene Ideen von ersten Impulsen für ein Projekt bis hin zu Einrichtungen wie Atomino, das es schon über zwanzig Jahre gibt. Eine Besonderheit ist, dass wir quasi eine Schnittstelle zwischen Sozialunternehmertum, Kunst und Kultur bilden. Als junge Gründer:innen haben wir hier Handwerker, Magazinmacher, Clubkultur, Uhrmacher, Keramik, Gastronomie. Wir zeigen, wie man sozialunternehmerische Ansätze in die eigene Selbständigkeit bringen kann.

Stillger: Da ergeben sich mögliche Verknüpfungen zur Stadtwirtschaft. Wir setzen EU-Fördermittel aus EFRE in der Stadtentwicklung und den Quartieren ein, zum Beispiel aus dem Fond zur Förderung von Kleinstunternehmen, die auf Starthilfe und finanzielle Mittel in den ersten Jahren angewiesen sind. Es sind einige hier im Haus gefördert worden. Wenn wir mit dem Projekt Stadtwirtschaft weiter sind, können wir auch Räume bereitstellen. Die Gründungsgarage vom ASA-FF e. V. ist ein wichtiges Projekt in unserem Kulturhauptstadtprozess; sie gehört zum Programmbereich Makers, Business & Arts. [vgl. Stadt Chemnitz 2020: 68]

 

Fortsetzung des Rundgangs im Haus D.

 

Menting: Was waren die besonderen Rahmenbedingungen für die Instandsetzung dieses Gebäudes?

Stillger: Sie sehen hier die niedrigschwellige Sanierung, die wir mit Fördermitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bis 2019 durch unser städtisches Hochbauamt durchgeführt haben. Wir haben einfachste Ausstattungsstandards: Die Stromkabel sind über Putz verlegt und der alte Fußboden behalten. Heizung, Strom, Licht und Internet mussten neu gemacht werden. Wir haben nur so viel saniert, dass die Räume trocken, standsicher, warm und nutzungsfähig sind, und das gilt auch für die Fassade. Wir verzichten damit auf eine energetische Sanierung, denn wir hatten nur begrenztes Budget und wollten die Räume auch nicht komplett saniert anbieten. Einerseits konnten wir Mittel sparen und andererseits können wir günstigere Nutzungsgebühren anbieten.

Ich habe versucht, das Projekt in Bundesinitiativen einzubinden, damit wir gemeinsam mit unseren städtischen Ämtern Neues lernen, denn die Stadtwirtschaft ist städtisches Eigentum, und es ist nicht üblich, Räume in dieser Form in Nutzung zu bringen. Deswegen habe ich uns bei der Forschungsinitiative Zukunft Bau „Auf dem Weg zur kreativen Produktionsstätte“ angemeldet, die von der Architektin Reichenbach-Behnisch über vier Phasen im Auftrag des Bundes begleitet wurde. Wir sind im dritten Teil dazugekommen, wo es darum ging, einen Bauteilkatalog zur niedrigschwelligen Sanierung von Industriebrachen praktisch anzuwenden. Es war ein wichtiger Austausch zu Fragen des Baugenehmigungsprozesses, Brandschutzanforderungen und anderem mit Experten aus den verschiedenen Bereichen der Planung. Die Stadtwirtschaft wurde als Best-Practice-Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Kommune und Akteuren aus der Kreativwirtschaft bewertet [vgl. Reichenbach-Behnisch: 59–72]. Die niedrigschwellige Sanierung wollen wir auch auf die anderen Häuser der Stadtwirtschaft übertragen.

 

 

Abb. 2: Blick vom Hof auf Haus D, A (rechts) und B (links) der Stadtwirtschaft,
Zustand 2022. © theaterraum. Menting

 

Menting: Wie kam es nach Aufgabe der ursprünglichen Nutzung vor vielen Jahren nun zu einem Entwicklungsszenario für das gesamte Areal der Stadtwirtschaft mit ihren unterschiedlichen Gebäuden?

Stillger: Die Stadtwirtschaft ist eine städtische Liegenschaft, deshalb wollten wir wissen, welche Potenziale dieses Areal hat. 2012 bis 2014 hatten wir einen neuen städtebaulichen Rahmenplan für den mittleren und nördlichen Teil des Sonnenbergs entwickelt. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon die ersten Kontakte mit Kreatives Chemnitz e. V., der sich kurz zuvor gegründet hatte. Wir haben festgestellt, dass Sonnenberg der Ort in Chemnitz ist, von dem aus sich die Kreativwirtschaft organisieren wird, weil beispielsweise Pioniere wie Mandy Knospe und Lars Faßmann hier sind, die das Lokomov entwickelt haben. Wenn Kultur- und Kreativwirtschaft Raum bekommen sollen, dann ist der Sonnenberg geeignet – anders als der Kaßberg oder eine große Industriebrache irgendwo am Rande. Wir haben das Integrierte Handlungskonzept der EU-Förderperiode EFRE und ESF 2014–2020 für den Sonnenberg verfasst und sind dabei auf die Stadtwirtschaft gekommen, die in städtischem Eigentum ist. Ich habe diesen Standort der damaligen Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig vorgeschlagen und das Areal wurde in das Förderprogramm KRACH – KreativRaum Chemnitz aufgenommen.

 

KRACH – KREATIVRAUM CHEMNITZ
„Mit KRACH etablierte die Stadt Chemnitz 2018 ein Förderprogramm, das auf die besonderen Bedürfnisse der Kultur- und Kreativwirtschaft zugeschnitten ist. Das Förderprogramm stellt den Preisträgern für bis zu drei Jahre mietfrei Gewerbeflächen in Stadtteilen zur Verfügung, in denen sich aktuell eine Kreativszene entwickelt. […] Im Hintergrund bringt KRACH ein interdisziplinäres städtisches Team, den Branchenverband ‚Kreatives Chemnitz‘ sowie kommunale und private Vermieter zusammen. Es ist daher ein Beispiel für öffentlich-private Partnerschaft an der Schnittstelle von Wirtschaft, Kultur und Stadtentwicklung.“ [Stadt Chemnitz 2019: 11] Das Programm ist von europäischen Förderprogrammen wie Incredibol! – L’INnovazione CREativa DI BOLogna! inspiriert, das Chemnitzer Akteur:innen bei der Studienreise Culture for Cities and Regions kennenlernten [vgl. Stadt Chemnitz 2019: 9].

 

Stillger: Bereits 2015 haben wir unseren Sanierungsträger für den Sonnenberg, die Westsächsische Gesellschaft für Stadterneuerung (WGS), beauftragt, sich den gesamten Standort genauer anzuschauen, um seine Entwicklungsfähigkeit zu prüfen, also noch bevor es um die Kulturhauptstadt ging. Der entscheidende Impuls für die Entwicklung der gesamten STADTWIRTSCHAFT war allerdings die Bewerbung als KULTURHAUPTSTADT EUROPAS CHEMNITZ 2025. Da wir entschieden hatten, dass die Stadtwirtschaft für die Kreativwirtschaft entwickelt werden soll, wurde sie 2019 als Interventionsfläche in das Bid Book I aufgenommen. Neben der Bestandsaufnahme der WGS brauchten wir noch ein Entwicklungskonzept für einen Kreativhof an diesem Standort. Ferenc Csák, der den Kulturhauptstadt-Bewerbungsprozess unglaublich engagiert geleitet hat, regte die Erstellung eines Entwicklungsszenarios an, damit das Transformationsprojekt bis 2025 umsetzbar werden kann. Die Aufgabenstellung haben wir mit dem Kulturbetrieb und mit Kreativen abgestimmt, damit hier kein kommunaler Gewerbehof, sondern ein Makerhub entstehen kann.

Abb. 3: Im Bid Book II Kulturhauptstadt Europa Chemnitz 2025 veranschaulicht der Übersichtsplan strategische Ziele, EU-Themen und die Interventionsorte. Neben der Stadtwirtschaft gehört die Hartmannfabrik, der Garagen-Campus, die Stadt am Fluss sowie die Kunstprojekte Apfelbaumparade und Purple Path dazu. © zebra© | group GmbH

 

KULTURHAUPTSTADT EUROPAS CHEMNITZ 2025 UND DIE STADTWIRTSCHAFT
In Bid Book I: Aufbrüche. Opening Minds, Creating Spaces und Bid Book II: C the Unseen – European Makers of Democracy sind neben der vorhandenen kulturellen Infrastruktur die geplanten Kunst- und Kulturprogramme sowie eine Auswahl von Orten dargestellt, die zu Kulturräumen umgestaltet werden sollen. Dazu erfolgte 2017 eine erste Konzeption, anschließend wurden sowohl in dem Workshop „Die Kulturhauptstadtbewerbung als Stadtentwicklung“ als auch mit der Bürgerschaft die Interventionsflächen diskutiert und definiert [vgl. Stadt Chemnitz 2019: 12, 60]. Die meisten Projekte der Kulturhauptstadt verfolgen partizipative Ansätze, denn „Bürgerbeteiligung wird im Bewerbungsbuch als zentrales Mittel zur Demokratieförderung verstanden und mit kultureller Beteiligung verknüpft“. [Stadt Chemnitz Kulturbetrieb: 22]
„Mit ‚Orte des AUFbruchs‘ erschließt Chemnitz 2025 das Potential seiner Brachen.“ [Stadt Chemnitz 2019: 59] In dieser Rubrik wurden bereits im Bid Book I die Interventionsflächen Hartmannfabrik, Stadtwirtschaft und Stadt am Fluss angeführt. „Mit dem Kreativhof ‚Die Stadtwirtschaft‘ entsteht am Südhang des Sonnenbergs ein Modellprojekt der nachhaltigen Stadtentwicklung. Die kommunale Vision der Kulturstrategie – Gebt Raum! – nimmt hier in Form eines Gründerzentrums für die Kultur- und Kreativwirtschaft konkrete Gestalt an.“ [Stadt Chemnitz 2019: 59] Im Bid Book II wird die Stadtwirtschaft als kultureller Inkubator und insbesondere ihr geplanter partizipativer Entwicklungsprozess ausführlich dargestellt: „Details darüber, was in welchen Räumen möglich sein wird, wie sich diese Nutzungen ergänzen, werden wiederum als Teil des partizipativen Planungsprozesses diskutiert. [...] In städtischen Workshops arbeiten Nutzer Seite an Seite mit der Stadtverwaltung, um Modelle für Betrieb und Branding zu entwickeln und flexible Ausstattungen für die Innenhöfe, Wegeleitsysteme, Netzwerke und gemeinsame Projekte zu entwerfen.“ [Stadt Chemnitz 2020: 142–144]

 

Menting: Wie bewerten Sie beim ENTWICKLUNGSSZENARIO VON KAPOK ARCHITEKTEN die Allianzen zwischen Akteur:innen, Zivilgesellschaft, Verwaltung und Planern?

Stillger: Wir mussten Expert:innen für das Entwicklungsszenario finden. Mit Rocco Zühlke von Kreatives Chemnitz arbeiten wir zusammen; er war kurz zuvor aus Berlin nach Chemnitz gekommen und hatte dort Projekte wie das Haus der Statistik kennengelernt. Wir haben eine Liste mit zehn Büros aus ganz Deutschland erstellt und sie angefragt. Unser Kriterium war die konzeptionelle Vorgehensweise bei dieser Standortentwicklung und da war KAPOK Architekten aus Berlin überzeugend. Bei der Entwicklung der Stadtwirtschaft gibt es zwei wesentliche Aufgabenstellungen: Das eine ist die bauliche Bereitstellung durch die niedrigschwellige Sanierung. Zugleich geht es um die Inhalte und konzeptionelle Ausrichtung: Was findet in den Räumen statt? Wie komme ich an kreative Nutzer? Was bezahlen sie dafür? Wie werden die Höfe bespielt? Welches Angebot entsteht für den Stadtteil? Wie arbeiten wir mit europäischen Machern zusammen? Bei diesen Themen hat die Partizipation der Stadtgesellschaft eine wichtige Bedeutung.

 

Abb. 4. Die neuen Verbindungen ins Quartier und die Durchwegungen der Stadtwirtschaft zeigt das Entwicklungsszenario, das das Architekturbüro KAPOK Berlin in Abstimmung mit dem Stadtplanungsamt und Kreatives Chemnitz konzipierte. © KAPOK: Claire Karsenty, Robert Slinger, Felix Zaiss

 

Abb. 5: Eine neue Identitätsbildung mit drei thematischen Höfen für die Stadtwirtschaft mit Kreativhof, Produktionshof und Eventhof ist im Entwicklungsszenario vom Architekturbüro KAPOK Berlin geplant. © KAPOK: Claire Karsenty, Robert Slinger, Felix Zaiss

 

ENTWICKLUNGSSZENARIO VON KAPOK ARCHITEKTEN BERLIN
Das Areal der Stadtwirtschaft soll etappenweise transformiert werden nach dem städtebaulichen und ökonomischen Entwicklungsszenario vom Büro KAPOK Architekten [Robert Slinger, Claire Karsenty, Felix Zaiss], das 2020 im Auftrag des Stadtplanungsamtes als umfassende Studie für Nutzungs- und Raumentwicklung, Betreibermodell und partizipative Verfahrensweisen erstellt wurde. Das Entwicklungsszenario hat „die Aufgabe eine lebendige Nutzungsmischung zu etablieren, die Zusammenleben sowie Austausch und Dialog zwischen unterschiedlichen, zur Zeit parallel lebenden Gruppen im Quartier fördert“. [Slinger et al.: 13] Das Areal soll als Ort des Gemeinwesens und der Begegnung entwickelt werden. Zukünftig werden schwerpunktmäßig Angebote für Kunst und Kultur, Stadtteilarbeit, kreative Produktion und Bildung gemacht, indem Ateliers, Werkstätten, Musikräume, Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen, Optionsräume für die Nachbarschaft und aktivierende Höfe konzipiert werden. Wesentliche Programmteile sind die gemeinschaftlichen Infrastrukturen mit einer StadtWerkstadt in Haus D, die als Anlaufstelle zur Kommunikation nach innen für Nutzer:innen und zur Außendarstellung für Interessierte fungiert. Außerdem ist eine Kiezkantine geplant sowie Freiraumbereiche, die zur aktiven Aneignung als Verweilzonen bei Einsatz von Flexi-Möbeln (Sitzmöbel, Pflanzbeete, Tresen, mobile Bühnen) und für das Urban Gardening zur Verfügung stehen.
Mit der städtebaulichen Öffnung des Areals soll das „Tor zum Sonnenberg“ entstehen. „Das Entwicklungsszenario hat die Aufgabe ein bisher geschlossenes Gebiet nach außen hin sichtbar zu machen, der Öffentlichkeit zur Entdeckung zu öffnen und zum Verweilen einzuladen. Mit Zugänglichkeit kann Zugehörigkeit entstehen.“ [Slinger et al.: 13] Die Neuprogrammierung des Areals wird durch prägnante Elemente verdeutlicht wie einladende Pförtnerhäuser, künstlerische Gestaltung der Fassaden und ein neues Wegeleitsystem. Eine Thematisierung der drei Höfe als Kreativhof, Produktionshof und Eventhof ist für die Identität, Funktion und Gestaltung wichtiges Prinzip.
Das Entwicklungsszenario sieht eine etappenweise Umsetzung in drei Phasen vor: Phase eins wird mit „Aneignen + Anzeigen“ überschrieben und ist bis 2023 geplant mit ersten Pioniernutzungen, Einrichtung der StadtWerkstatt in Haus D, Sanierung und Teilneubau von Haus A sowie Gestaltung neuer Eingänge. In Phase zwei „Ergänzen + Erweitern“, die bis 2025 vorgesehen ist, sollte vor allem die Freiflächengestaltung erfolgen, indem die drei Höfe auch landschaftsarchitektonisch gestaltet und Verbindungen zum Umfeld hergestellt werden. Die letzte Phase drei „Verdichten + Verstetigen“ ist als Option für den Zeitraum nach 2025 vorgesehen und zeigt, wie das Areal durch Bestandsergänzungen langfristig verdichtet werden könnte [vgl. Slinger et al.].

 

Abb. 6: Das Entwicklungsszenario vom Architekturbüro KAPOK Berlin sieht eine etappenweise Umsetzung des Transformationsprozesses vor: In Phase Eins geht es um das „Aneignen + Anzeigen“. © KAPOK: Claire Karsenty, Robert Slinger, Felix Zaiss

 

Abb. 7: Nachdem für Phase Zwei das „Ergänzen + Erweitern“ bis 2025 in dem Entwicklungsszenario vom Architekturbüro KAPOK Berlin vorgesehen ist, zeigt Phase Drei die Option zum „Verdichten + Verstetigen“ nach dem Kulturhauptstadtjahr 2025 auf. © KAPOK: Claire Karsenty, Robert Slinger, Felix Zaiss

Menting: Wie entwickelt sich der erste Bauabschnitt des Entwicklungsszenarios mit dem teilweise neu gebauten Haus A? Wie sieht das Raumprogramm aus? Wer sind die zukünftigen Nutzer:innen?

Stillger: Der Bauabschnitt Haus A wird jetzt umgesetzt, nachdem der Stadtrat dem Vorhaben im Mai [2022] zugestimmt hatte. Wir haben bisher keinen Zugang von der Jakobstraße zu den tieferliegenden Höfen der Stadtwirtschaft. Auf Basis des KAPOK-Konzepts wird jetzt auf Straßenniveau eine Brücke gebaut und zu dem neuen Veranstaltungsraum führen, der für verschiedene Zwecke genutzt werden kann: für Stadtteilkonferenzen, Schülerveranstaltungen, Aufführungen des Urania Puppentheaters und Proben des OFF-Theaters Komplex. Im Erdgeschoss gibt es die Kiezkantine und das FABLAB CHEMNITZ bekommt seine neuen Räume. Es ist Teil der Makerszene und schon seit vielen Jahren auf dem Sonnenberg, hat allerdings ganz beengte Räume ohne Heizung. Wir haben zu Beginn der Planung Kontakt mit dem FabLab aufgenommen: Es ist ein wichtiger Ankermieter, der zwar kein Geld in unsere Kasse bringt, aber viele Leute aus dem Quartier und aus anderen Stadtteilen anzieht. Hier kann man in der Metall- oder Holzwerkstatt oder am 3D-Drucker etwas ausprobieren. Ich habe Daniel Tauscher zugesagt, dass er in der Stadtwirtschaft neue Räume für das FabLab bekommt.

 

FABLAB CHEMNITZ
2016 wurde das das FabLab vom Stadtfabrikanten e. V. initiiert, dessen Ziel in der Förderung von Kunst, Kultur, Bildung und Jugendarbeit besteht. „Das FabLab Chemnitz war lange Zeit ein wanderndes Projekt mit dem Motto ‚Offene HighTech Werkstatt für alle – für alles‘ ohne festen Sitz.“ [Stadtfabrikanten] 2016 gründeten Daniel Tauscher, Mario Voigt u. a. den Verein Stadtfabrikanten e. V. und betreiben das FabLab in der Philippstraße 13. „Ein Fab Lab – kurz für Fabrication Laboratory – ist eine besondere Werkstatt. Es besteht meistens aus einem typischerweise zwischen 50 und 500 m² großen Raum, in dem Sie an Stationen verschiedene Maschinen und Werkzeuge der digitalen und traditionellen Fertigung benutzen können […] Ein Fab Lab ist jedoch viel mehr als nur dieser Raum. Es ist ein Ort, an dem sich Neugierige und Begeisterte, Hacker*innen wie auch Maker*innen, Design­ und Kunstschaffende, Forschende und Gründer*innen, Schüler*innen, Studierende sowie Menschen auf Rente treffen, um gemeinsam zu basteln, zu erfinden, zu gestalten und dabei zu lernen.“ [Bockermann: 16f] FabLabs sind meist eingetragene Vereine, die Zugang und Nutzung gemeinnützig und ohne Gewinnorientierung bereitstellen. Sie sind im deutschsprachigen Raum im Verbund Offener Werkstätten e. V. organisiert.

 

Menting: Wie erfolgt die Auswahl weiterer Nutzer:innen für die Häuser des neuen Kreativhofs?

Stillger: Im Herbst wird ein Interessenbekundungsverfahren gestartet, bei dem wir erste Informationen zu Haus A herausgeben, ähnlich wie bei anderen Initiativen von KRACH. Die Leute können sich mit ihren Projektideen bewerben. Miethöhe und -konditionen wurden schon in der Stadtratsvorlage zum Bauausführungsbeschluss beschrieben. Im Stadtrat hieß es zunächst: Wir müssen doch keine Gastronomie fördern! Ich habe erklärt, dass hier keine Gastronomie, sondern eine Kiezkantine entsteht. Da gehen Kinder hin, die nur wenige Cent in der Tasche haben und mal etwas essen und trinken müssen. Es ist nicht dasselbe, ob ich eine Förderung von Kleinstunternehmen oder von sozialen Projekten durchführe. Deswegen müssen die Mieten niedriger und differenziert gestaffelt sein.

Das hat auch Auswirkung auf das Betreibermodell, das mit unserem Umsetzungspartner Kreatives Chemnitz zusammen mit anderen Experten entwickelt wird. Wir werden mit der Kulturhauptstadt GmbH zusammenarbeiten, um auch europäische Expertise einzubeziehen. Wir sind als Stadt zwar Eigentümer der Stadtwirtschaft, doch werden wir nicht Betreiber sein, denn die Bewirtschaftung kann nicht über unser kommunales Gebäudemanagement als 0815-Modell erfolgen. Das funktioniert nicht. KAPOK hat das gut beschrieben, es soll ein NUTZERGETRAGENES BETREIBERMODELL werden, um TEILHABE zu ermöglichen.

 

NUTZERGETRAGENES BETREIBERMODELL UND TEILHABE
Neben den räumlichen und funktionalen Aspekten der Stadtwirtschaft als neues Stadtteilzentrum ist Bürgerbeteiligung ein zentrales Prinzip des Entwicklungsszenarios und steht damit in Korrespondenz zu den Bid Books der Kulturhauptstadt. Die Stadtwirtschaft soll über Ko-Produktion zwischen öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft entstehen. Die StadtWerkstatt bildet das Beteiligungszentrum für Dialog- oder Werkstattverfahren während des gesamten Prozesses [vgl. Slinger et al.: 111]. Es sind Ideen-Workshops mit der Nachbarschaft und lokalen Akteur:innen geplant sowie öffentliche Diskussionen mit Expert:innen, Stadtverwaltung und lokalen Interessenten. So soll auch das geeignete Betreibermodell eruiert werden, bei dem zivilgesellschaftliche Teilhabe wichtig ist, um die Vernetzung im Kiez zu gewährleisten [vgl. Slinger et al.: 82].
Die Grundprinzipien des Betriebes fasst die KAPOK-Studie zusammen: ein Betreiber für die Gesamtanlage, Gewährleistung eines Nutzungsmixes, Staffelungen der Miete, Optionsräume für die Nachbarschaft und Etablierung der gesamten Hoffläche als gemeinschaftlicher Raum u. a. Die Nutzungsmischung wird quantifiziert: 30 % Kunst und Kulturschaffende (Vereine, Galerien, Museen), 30 % Soziales und Bildung (Arbeiterwohlfahrt, Volkshochschule), 20 % Kreativwirtschaftler (Agenturen, Coworking-Space, Start-ups, Maker-Spaces) und 20 % produzierendes Gewerbe (Handwerksbetriebe). [vgl. Slinger et al.: 84] Für die zukünftige Betreibung wird ein Hybridmodell favorisiert, das die Zusammenarbeit von Kommune und Zivilgesellschaft stärkt (vergleichbar dem Modell für Haus D), da Grundstück und Immobilie im Eigentum der Stadt verbleiben und die Raumvergabe über einen Generalmietvertrag an eine nutzergetragene Betreibergesellschaft erfolgt. [vgl. Slinger et al.: 88, 110]

 

Menting: Wer übernimmt die Objektplanung (Entwurf, Genehmigung und Ausführung) für den bevorstehenden Bauabschnitt Haus A und die weiteren Bauabschnitte?

Stillger: Für die Planung von Haus A haben wir aufgrund der Höhe der Planungskosten ein VgV-Verfahren durchgeführt, in dem nach einer europaweiten Ausschreibung die ARBEITSGEMEINSCHAFT AFF BERLIN UND GEORGI CHEMNITZ ausgewählt wurde. Wir haben etwa 4,2 Millionen Euro für Haus A und rund 1,3 Millionen Euro für Haus B als Budget zur Verfügung. Für die Projektsteuerung und Koordination ist die KBC KommunalBau Chemnitz, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt, beauftragt. Sie hat entschieden, die Arge AFF und Georgi mit der niedrigschwelligen Sanierung von Haus B per Direktvergabe zu beauftragen, da sie schon am Standort ist und die Bausubstanz und grundsätzlichen Anforderungen kennt.

 

Abb. 8: Blick auf Haus A der Stadtwirtschaft mit Zugang über eine Brücke zum Eingangsbauwerk; Entwurf der Arbeitsgemeinschaft AFF Architekten, Berlin und Georgi architektur + stadtplanung, Chemnitz. © ARGE AFF / Georgi

 

PLANUNG DER ARBEITSGEMEINSCHAFT AFF BERLIN UND GEORGI CHEMNITZ
Die vier noch zu sanierenden Häuser der Stadtwirtschaft A, B, E und K werden in den kommenden Jahren baulich ertüchtigt, sodass sie im Rahmen des Kreativhof-Konzepts nutzbar sind. Das Prinzip der niedrigschwelligen Sanierung von Haus D wird auch bei den anderen Häusern der Stadtwirtschaft angewendet. Eine Besonderheit stellt Haus A dar, weil hier ein baufälliger Gebäudeabschnitt abgebrochen und neu gebaut wird, sodass sich Alt- und Neubau verbinden. Die Architekten AFF Berlin und Georgi Chemnitz möchten die gestalterische Einheit zwischen den beiden Teilen stärken, indem die dunkle Holzverkleidung der Fassaden wiederverwendet bzw. angepasst werden soll; damit wird zugleich eine Nachhaltigkeitsidee verfolgt. „Der Neubau ist ein Hybridbau, welcher im Obergeschoss die bestehende in Zimmermanns-Holzbauweise errichtete Konstruktion des Dachstuhls erhält und im Untergeschoss mit einem einfachen Stahlbau bzw. partiellem Massivbau einen konstruktiven ‚Tisch‘ unter das Obergeschoss stellt.“ [Dezernat 6: 12] Im Haus A entsteht ein Veranstaltungsraum für etwa 200 Personen mit Foyer und Ausstellungsbereichen sowie eine kleine Kiezkantine, sodass Haus A mit diesen Gemeinschaftsräumen zum Stadtteiltreff in der Stadtwirtschaft wird. Mit seinem Brückenteil fungiert es zugleich als Eingangsbauwerk von der Jakobstraße und ermöglicht auch die Zugänge zum Event- und zum Kreativhof. Im Haus A werden außerdem Werkstatträume für das FabLab entstehen sowie Ateliers, Coworking-Spaces, Studio- und Musikräume.

 

Menting: Erläutern Sie bitte, ob und wie Teilhabe bei der Planung der weiteren Häuser umgesetzt werden soll.

Stillger: Wir nutzen unsere Projektstruktur. Für die Projektleitung bin ich zuständig mit meiner Mitarbeiterin Julia Kunze. Über die Zusammenarbeit mit dem Stadtteilmanager Rocco Zühlke von Kreatives Chemnitz erfolgt die Partizipation von Vertretern der Kultur- und Kreativwirtschaft. Er ist sozusagen das Sprachrohr der Nutzergruppen, vernetzt im gesamten Stadtteil und transportiert die Bedarfe und Reaktionen der Interessierten. Diese Rückmeldungen gelangen letztlich in das Raumprogramm.

Menting: Zum partizipativen Prozess gehört auch die Gestaltung der Außenanlagen mit Interessierten vor Ort. Wie gehen Sie dabei vor?

Stillger: Über Workshops möchten wir die Gestaltung entsprechend des KAPOK-Konzeptes mit den Anwohner:innen zusammen entscheiden, etwa die Erschließung, das Wegeleitsystem und die Flexi-Möbel. Wie sollen sie aussehen? Welche Funktion haben die Pförtnerhäuser? Wie entwickelt sich das Urban Gardening? Wir hätten uns mehr Gestaltungsfreiheiten für die Workshops gewünscht, doch inzwischen hat sich aus dem Baugenehmigungsverfahren für Haus A ergeben, dass wir einen Nachweis für 23 Stellplätze bringen müssen. Auch die Medienanschlüsse für Haus A werden ganz neu gelegt, für Wasser, Abwasser und Fernwärme. Es wird auch ein schmaler Gebäudeteil abgebrochen, um einen Durchgang zum Grundstück der Zietenaugust Garten Initiative zu schaffen. So können auch von der Zietenstraße 4 die Höfe der Stadtwirtschaft erschlossen werden. Wir möchten von allen vier Seiten Zugänge haben.

Zunächst musste das Landschaftsarchitekturbüro sLandArt von Stefan Leiste aus Chemnitz die Rahmenbedingungen klären und über eine Art Masterplan für die Außenanlagen koordinieren, sodass deutlich wird, welche Flächen wir entwickeln können. Den Masterplan nutzen wir in den Workshops, in denen wir mit den Teilnehmern aus der Quartiergesellschaft wie Kleinstunternehmen, Initiativen, Vereine und dem Stadtteilmanagement Sonnenberg das Konzept weiterentwickeln. Gefördert werden die Workshops aus nationalen Projektmitteln bis 2025. Wir sind mit der Stadtwirtschaft ein Nationales Projekt Städtebau – diese Projekte werden für ihren Qualitätsanspruch des städtebaulichen Ansatzes, der Baukultur und der Einbindung unterschiedlicher Akteursgruppen in Beteiligungsprozessen ausgezeichnet.

Menting: Glückwunsch!

Stillger: Wir beziehen hier viele Förderprogramme ein wie EU-Stadtentwicklung und Städtebauförderung und auch Nationales Projekt Städtebau. Es ist meine Aufgabe, diese Programme zusammenzuführen, denn die Stadtwirtschaft wird ungefähr 7,5 Millionen Euro kosten.

Menting: Wie aktivieren Sie die Menschen im Stadtteil zur Teilnahme an den Workshops?

Stillger: Wir haben eine sehr aktive Stadtgesellschaft auf dem Sonnenberg. Mehrmals im Jahr finden Veranstaltungen statt, für die sich diese vielen Akteure gut organisieren, beispielsweise „Hang zur Kultur“. Wir führen alle zwei Jahre eine Stadtteilkonferenz auf dem Sonnenberg durch, die großen Zuspruch aus einem breiten Spektrum der Stadtteilgesellschaft hat, Vertreter der Träger und alte wie junge Bewohner – also eine ganz bunte Gruppe, und insofern gibt es eine gute Plattform von interessierten Menschen.

Menting: Die Kulturhauptstadt war letztlich der Impuls für die Umsetzung der gesamten Stadtwirtschaft als Kreativhof und für die Finanzierung des Gesamtprojektes. Welche Bedeutung hat der Status als zentraler MAKERHUB?

 

Abb. 9: Die Vision für die Stadtwirtschaft 2025 aus dem Entwicklungsszenario, das das Architekturbüro KAPOK Berlin entwickelte. © KAPOK: Claire Karsenty, Robert Slinger, Felix Zaiss

 

MAKERHUB
[auch Maker-Space, Macher-Zentren] Die Kulturhauptstadt verbindet mit der Stadtwirtschaft die Programmlinie Maker2 und das Flagship-Projekt Maker, Business & Arts. Macher:innen aus Kunst- und Kulturwirtschaft werden gleichberechtigt zusammengebracht und sollen im Kontext der Kulturhauptstadt auch vom europäischen Austausch profitieren. [Zu Kulturhauptstadt und Maker, Businesss & Arts siehe: Chemnitz 2025: Teil 1.] Neben der Stadtwirtschaft in Chemnitz entstehen in der Kulturregion weitere acht Makerhubs: Altes Lehngericht in Augustusburg, Autohaus in Neukirchen/Erzgebirge, Esche-Museum in Limbach-Oberfrohna, Alte Post/Alter Milchhof in Lößnitz, Innovationsquartier Werkbank 32 in Mittweida, historisches Gebäude Fürstenplatz in Schneeberg, ehemaliges Umspannwerk Etzdorf in Striegistal und Speicher in Zwönitz [vgl. Landesverband, Acht Makerhubs]. Initiator:innen sind Vereine, Kulturnetzwerke, Bürgermeister:innen und Unternehmen in den jeweiligen Städten und Gemeinden. Im Bid Book II wird die Funktion der Makerhubs beschrieben als Kompetenzzentren für lokale Unternehmen, als kreative Knotenpunkte für Forschung und Austausch mit Werkstätten, Laborräumen und Veranstaltungsraum sowie als Orte für eine neue Form von „Macher-Tourismus“ [vgl. Stadt Chemnitz 2020: 62f].

 

Stillger: Wir haben begonnen, uns als Netzwerk mit den Vertretern der verschiedenen Makerhubs aus der Region auszutauschen. Welche Programme können im Zusammenhang mit der Kulturhauptstadt GmbH entstehen? Bei der Kulturhauptstadt GmbH werden die Stellen für die Programmkoordination derzeit besetzt und demnächst wird es weiteren Input geben, wie wir auf dem Weg zur Kulturhauptstadt und im Kulturhauptstadtjahr Themen umsetzen. Wir möchten uns nicht nur um uns selbst kümmern, sondern auch die Vernetzung in die Region entwickeln.

 

Das Gespräch mit Grit Stillger und Annette Menting fand während eines Rundgangs über das Areal der Stadtwirtschaft am 1. September 2022 statt.

 

Das Areal der Stadtwirtschaft ist einer der Interventionsflächen der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 und wird Raum für Projekte des Programmbereichs Makers, Business & Arts bieten. Die Bestandsbauten und Höfe der Stadtreinigung waren bis 2000 als Verwaltung, Aufenthalt und als Wartungs- und Abstellflächen in Betrieb, danach wurden die kommunalen Räume als Lager und Werkstätten an Privatnutzer vermietet. Zugunsten der Quartiersentwicklung wurde 2015 von der Stadtverwaltung vorgeschlagen, hier in unmittelbarer Nähe zu den akteursgetragenen Kultur-Initiativen und –Orten ein Stadtteilzentrum zu entwickeln [vgl. Teil 1]. Mit der Einbindung in die Kulturhauptstadtbewerbung wurden weitere partizipative Prozesse des Projektes forciert wie Raumprogrammierungen, ein nutzergetragenes Betreibermodell für den neuen gemeinwohl-orientierten Kreativhof sowie Quartiers-Workshops zur Hofgestaltung. Über das Entwicklungsszenario für die Stadtwirtschaft von KAPOK Architekten, das im Rahmen der Kulturhauptstadtbewerbung beauftragt wurde, gelangten Erfahrungen der Urbanen Praxis aus dem Berliner Haus der Statistik [vgl. Lynen und Rampf in dieser MAP#13 Ausgabe] in das Chemnitzer Vorhaben. Die architektonischen Interventionen von AFF und Georgi Architekten und die Freiraumgestaltung von sLandArt basieren auf niedrigschwelliger Sanierung, Recycling und Arbeiten mit und im Bestand. In diesem Kulturhauptstadtprojekt wird die Ko-Produktion mit Politik, Verwaltung, Akteur:innen und Zivilgesellschaft gestärkt und die Vernetzung des modellhaften Kreativhofs mit den Makerhubs in der Region gefördert. Nach diesem Einblick in die Konzeption des Kreativhofs Stadtwirtschaft sollen weitere Beobachtungen 2025 folgen, um der Frage nach nachhaltiger Wirksamkeit nachzugehen.

Literatur und Quellen

Behnisch-Reichenbach, Jana. „Kreativhof ‚Die Stadtwirtschaft‘ in Chemnitz, Sachsen, Best-Practice-Beispiel 1 für Zusammenarbeit zwischen Kommune und Akteuren aus der Kreativwirtschaft“. In: Reichenbach-Behnisch, Jana. Niedrigschwellige Instandsetzung brachliegender Industrieanlagen für die Kreativwirtschaft Teil III – Begleitforschung. Stuttgart 2019: 59–72. https://www.irbnet.de/daten/rswb/19109017516.pdf, 15.7.2022.

Bockermann, Iris u. a. Handbuch FabLab, Einrichtung, Finanzierung, Betrieb, Forschung & Lehre. Bonn 2021. https://www.bombini-verlag.de/shop/handbuch-fab-labs/#cc-m-product-7363789359, 2.9.2022.

Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI; Hg.). Nationale Projekte des Städtebaus Bundesprogramm 2014–2021. Berlin 2021 (Stadtwirtschaft: 218). https://www.nationale-staedtebauprojekte.de/NPS/SharedDocs/Downloads/DE/Publikation-NPS-14-21.pdf?__blob=publicationFile&v=8, 15.7.2022.

Dezernat 6 der Stadt Chemnitz – Stadtentwicklung und Bau/Dezernat 6/SE 17. „Beschlussvorlage vom 28.01.2022, 1. Baubeschluss für Hochbaumaßnahmen 2022 – Kreativhof (Stadtwirtschaft) Niedrigschwellige Sanierung Haus A und Neubau Gastronomie, Anlage 4.2 Beschreibung zu B-017/2022“. https://session-bi.stadt-chemnitz.de/vo0050.php?__kvonr=6976217&search=1, 2.9.2022.

European Union (Hg.). Culture in cities and regions, Helping cities, regions and local stakeholders to learn from each other. https://culture.ec.europa.eu/policies/culture-in-cities-and-regions, 2.9.2022.

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